Noktum (Schwarze Flamme): Erst vor ein paar Wochen ist mir diese noch junge Band (Gründung 2020) aus der Schweiz mit ihrem Debütalbum „Geist und Hexerei“ aufgefallen, das mich natürlich dazu veranlasste, näheres über die beiden, Witch N. und V. Noir zu erfahren. Seid gegrüßt, wie geht es euch?
Witch N.: Danke dir Noktum, es geht uns sehr gut.
V. Noir: Alles bestens, danke der Nachfrage.
Noktum: WitchN., du hast Band-technisch ja schon deine Erfahrungen mit shEver, eine reine Frauenband, die sich dem Doom Metal verschrieben hat, gesammelt und bist seit 2013 Frontfrau der Black/Doom Metal Band Ashtar. Wie bekommst du die beiden Sachen Ashtar und Ernte unter einen Hut und ich kann mir vorstellen, dass beide Bands voneinander profitieren, im weitesten Sinne oder? V. Noir: Du hast ja auch schon lange musikalische Erfahrungen und hast dich auch anderweitig künstlerisch betätigt, erzähl uns doch mal, was du genau die ganzen Jahre vorher gemacht hast?
Witch N.: Ja, ich spiele seit meiner Teenager-Zeit in Bands und bin seit Anfang der 2000er Jahre eine sehr aktive Musikerin. Damals bewegte ich mich vor allem in der Doom-Szene, die zwar ehrlich gesagt zu dieser Zeit in der Schweiz noch nicht wirklich existent war. Wir spielten oft mit Death- und Black-Metal-Bands und hatten Mühe, ein adäquates Publikum zu finden, das sieht heute, 20 Jahre später, schon anders aus. Aber ich habe mich mittlerweile ja sowieso mehr dem Black Metal zugewandt, mit Ashtar ist es eine Mischung aus Black und Doom, und bei ERNTE gibt’s reinen Black Metal. Da wir im Moment sowohl mit Ashtar als auch mit ERNTE aus verschiedenen Gründen nicht live spielen, lassen sich beide Bands sehr gut miteinander vereinen. Wenn ich Texte verfasse, ist es für mich immer klar, für welche Band ich gerade schreibe und natürlich beeinflussen sie sich auch gegenseitig. Als im Dezember letztes Jahr das Debütalbum von ERNTE erschien, haben wir mit Ashtar auch gleich wieder ein paar LPs und Merchandise verkauft – da profitiert man schon davon.
V. Noir: Musik mache ich eigentlich schon seit meiner Schulzeit. Angefangen hat es mit einfachen Kellerbands und endete vor vielen Jahren mit meiner damaligen Band PARAZIDE. Eine reine Death-Metal-Band. Mit PARAZIDE hatte wir viele Liveauftritte im In- und Ausland. Es blieb aber schlussendlich nur bei einer Single und einem Debut Album, das wir veröffentlicht haben. Nach der Auflösung der Band widmete ich mich der Dark Ambient Musik und machte dazu Musikvideos. Zusätzlich arbeitete ich an meiner Kunst, die ich auch heute nebst ERNTE mache: Ich male, gestalte Mix Media, Fotografie und dunkle Filme im Stil des Film Noir.
Noktum (Schwarze Flamme): Wie kam es dann zu Gründung von Ernte und wie habt ihr euch beide kennengelernt?
V. Noir: Die Idee einer Black-Metal-Band hatte ich eigentlich schon sehr lange. Nur fehlten mir die Zeit und die richtigen Leute dazu. Als dann der Lockdown kam, entschloss ich mich, die Idee einer Band in die Tat umzusetzen. Zuerst bestand die Besetzung von ERNTE nebst mir noch aus zwei anderen Mitgliedern, einem Bassisten und einem Sänger. Aber nach kurzer Zeit sah ich ein, dass das Engagement und die Ernsthaftigkeit unserer Gedanken sich nicht teilten. Als ich dann das Album „Kaikuja“ von Ashtar und die Stimme von Witch. N hörte, war mir klar, dass meine Suche ein Ende hatte. Ich kontaktierte Witch N. und zeigte ihr meine Demos. Der Rest ist ein gutes Debüt-Album und Geschichte.
Noktum (Schwarze Flamme): Ich gehe mal davon aus, dass ihr beide eure Ideen in die Band steckt, der Gesang liegt bei dir, Witch N., schreibst du die Texte auch alle selber oder lässt du da V. Noir auch zum Zuge kommen? V. Noir ist für die musikalische Seite verantwortlich. Wie muss man sich das dann bei euch vorstellen, damit das Gesamtkonzept stimmt?
Witch N.: Die Texte stammen bisher nur von mir. Ich bin da aber offen, das muss nicht immer so bleiben. Ich bin von uns beiden halt einfach diejenige, die sich stärker für Texte und fürs Schreiben interessiert. Beim Songwriting ist es überwiegend V. Noir, der sehr aktiv ist. Auf dem Debütalbum habe ich nur das Intro und einen Song geschrieben, der Rest stammt aus der Feder von V. Noir. Natürlich gibt es aber auch einen Austausch, wir geben uns gegenseitig Feedback und arbeiten gemeinsam an den Songs, bis sie für uns perfekt sind.
V. Noir: Ja es ist richtig. Ich überlasse Witch N. das Texten. Ehrlich gesagt liegt mir das nicht und ich konzentriere mich voll auf das Songwriting. Natürlich sprechen wir uns bei allem ab und ich lese auch die Texte von Witch N. und sie hört sich meine Songs an. In den meisten Fällen gibt es keine Unstimmigkeiten. Wir ergänzen uns in unserem individuellen Handeln vollkommen.
Noktum (Schwarze Flamme): Eure Single „Killing Phantasmagoria“, sowie das Album „Geist und Hexerei“ ist beim deutschen Label Vendetta Records erschienen. War die Suche nach einem passenden Label schwierig für euch und wie war die Zusammenarbeit mit Vendetta Records?
V. Noir: Lustigerweise unspektakulärer als viele jetzt denken würden. Die Inspiration und die Ideen waren ja schon längst da. Man musste sie nur noch auf Papier bringen beziehungsweise in Musik umsetzen. Da ich selbst ein Studio in meinen vier Wänden besitze, konnte ich, wann immer ich wollte, meine Ideen einspielen und aufnehmen. Von den fertigen Songs liess sich Witch N. inspirieren, und sobald sie einen Text hatte, wurde dieser eingesungen und aufgenommen. Es kam auch vor, dass wir die Songs nochmals anhörten und gemeinsam Änderungen vornahmen. Auch den Mix und das Layout haben wir selbst gemacht. Zum Schluss ging es für das Mastering zu Greg Chandler in die Priory Recording Studios nach England.
Witch N.: Ich habe Greg 2005 oder 2006 kennengelernt, als wir mit meiner damaligen Frauen-Doom-Band shEver und seiner Funeral-Doom-Band Esoteric gemeinsam ein paar Gigs in der Schweiz und Deutschland spielten. Seither haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt, und er hat bisher fast alle meine Releases gemixt und /oder gemastert. Deswegen schenke ich ihm immer wieder gern mein Vertrauen. Nach dem Mastering von „Geist und Hexerei“ im Frühling 2021 mussten wir dann Pandemie-bedingt über 9 Monate warten, bis unsere LPs endlich fertig waren und unser Album erscheinen durfte, aber das ist ja mittlerweile leider Normalität geworden… Auch die Promo-Arbeit vom Label war sehr gut, wir haben im Vorfeld drei Videos in Eigenregie gedreht, welche alle auf YouTube zu sehen sind. Unser komplettes Album lief dann noch als Premiere auf Black Metal Promotion, was wirklich gute Werbung für uns war.
Noktum (Schwarze Flamme): Da ihr ja bei Ernte als Duo wirkt, würde mich mal interessieren ob es Planungen gibt für Liveauftritte, in denen ihr ja dann Gastmusiker benötigen würdet, oder soll Ernte mal als Band erweitert werden oder ist es nur ein Projekt?
Witch N.: Ich bin eine Musikerin, die eigentlich nicht leben kann ohne live zu spielen. Allerdings wollen wir nicht auf die Bühne, bevor wir nicht zu 100% dafür bereit sind – und die richtigen Mitmusiker zu finden gestaltet sich leider nicht immer einfach. Einen Gitarristen haben wir bereits seit einiger Zeit mit an Bord, beim Drummer wird sich dies in den nächsten Wochen zeigen. Aber ja, wir wollen definitiv live auftreten! Und nein, ERNTE ist nicht nur ein Projekt, sondern eine richtige Band, aber für uns ist klar, dass wir auch in Zukunft als Duo agieren werden – wir werden also auch die kommenden Alben zu zweit schreiben und einspielen.
Noktum (Schwarze Flamme): Abschließend würde mich noch interessieren, welche Bands euch geprägt haben und welche Bands ihr so privat hört?
Witch N.: Hmmm, das würde eine sehr lange Liste werden, wollte ich alle Bands aufzählen, die mich auf meinem musikalischen Weg bisher inspiriert haben. Ich versuche mich kurz zu fassen: Angefangen bei Klassikern wie Black Sabbath und den Beatles, welche ich als Kind in der Plattensammlung meiner Eltern gefunden habe, geht es über eher Doomiges wie Electric Wizard, Grief, Acid Bath, die Doom-Veteranen Winter oder Cathedral und Dolorian, dann weiter mit Old School Death wie Benediction oder Possessed. Ich höre auch viel Post Punk und Goth Wave wie zum Beispiel Fields of the Nephilim, Siouxsie and the Banshees, She Past Away, und dann gibt es natürlich eine Unmenge an Black Metal Bands, angefangen bei Bathory, die für mich die Proto-Black-Metal Band schlechthin darstellt, über Urgehal, Kampfar, Nachtmystium, Krieg bis hin zu neuen Sachen wie Spectral Wound, Ultha, Ande, Svältvinter, Turia oder Afsky.
V. Noir: Auch bei mir wäre diese Liste jetzt unglaublich lang. Aber ich habe mir vorgenommen, bei solchen Fragen keine Bands mehr zu nennen.
Noktum (Schwarze Flamme): Dann bedanke ich mich bei euch und wünsche euch weiterhin viel Erfolg auf euren Weg.
Witch N.: Danke für das Interview und euren Support!
V. Noir: Ich danke dir!