Interview mit Durbatuluk (Dezember 2022)

Farvann ist mir bisher verstärkt durch seine Videos auf YouTube aufgefallen, die sich sowohl humoristisch als sachlich mit dem Thema Black Metal auseinander setzen. Seit diesem Jahr ist aber auch sein Projekt “Durbatuluk” ziemlich oft in meinen Gehörgang gekrochen und hat sich dort festgesetzt. Es ist also wiedermal Zeit, ein weiteres beeindruckendes Soloprojekt unter die Lupe zu nehmen.

Viator:
Entführe uns doch zunächst etwas in die Demozeiten von Durbatuluk im Jahre 2012. Du hast ja auch noch ein Death Metal Projekt, welches um die gleiche Zeit entstand. Wie gestaltete sich der Weg hin zum Solokünstler und mit welchen Mitteln hast du am Anfang gearbeitet? Woher kamen die Ideen für die erste Demo? Warum hast du dich im weiteren Verlauf deiner Diskographie dafür entschieden von englischen hin zu deutschen Texten zu gehen?
Farvann:
Der erste Gedanke von Durbatuluk entstand, als ich ein 15-jähriger kleiner Junge war. Ich hatte damals Bass-Gitarre mit einem Buch meines Vaters gelernt. Er hat mir sein komplettes Equipment geliehen. Fender-Bass, Verstärker und Lautsprecher. Als unerfahrener Bube konnte ich damit natürlich überhaupt nicht umgehen. Habe dennoch viele Monate mit Bassspielen verbracht. Vermutlich zum Ärgernis der Nachbarn.
Aber mir war trotz meiner Unwissenheit klar: Ich will weitermachen. Allerdings war mir auch klar: Ich will nicht weiter Bass spielen.
Habe mir dann ein günstiges Gitarren-Set inkl. Verstärker bei eBay vom Taschengeld gekauft und angefangen, Gitarre zu lernen, ohne jemals einen Lehrer gesehen zu haben, haha.
Ich weiß noch genau, dass es mich gelangweilt hat, Songs von anderen Bands zu spielen. Wollte direkt was eigenes machen. War vermutlich ein großer Fehler, da es mich später viel Zeit gekostet hat, Lied- oder Musik-Strukturen zu verstehen. Aber vielleicht hat's auch dazu beigetragen, was eigenes zu erschaffen. Aber das müssen andere bewerten. Der erste Song, den ich auf Gitarre gelernt hab, war "Tomorrow's Victim" von Six Feet Under. Von wegen Deep Purple, haha! Hatte damals das "Death Metal" Pedal von DigiTech für ein paar Euros auf eBay geschossen.

Ach und zur Klarstellung: Ich bin erst seit 2017 Teil der Grindcore/Death Metal Kapelle namens "Document 6". Mit meinem Lebenslauf als Musiker hatte das wenig zu tun. Bin da einfach spontan eingestiegen.
Die Ideen für die erste Durbatuluk-Demo entstanden aus klassischen Teenager-Gedanken würde ich sagen. Verrückt, wild, unverstanden und fragend.
Der spätere Wechsel vom Englischen ins Deutsche liegt nur am mangelnden Englisch-Vokabular und insbesondere an meiner Liebe zur Deutschen Sprache und ihrer Fähigkeit, Bilder zu beschreiben. Ich kann Stunden damit verbringen, Worte und deren Herkunft oder Bedeutung zu erforschen. Bin ein kleiner Etymologie-Fan.
Viator:
Was gibt dir das Projekt Durbatuluk persönlich zurück? Ist es das reine Vergnügen daran Musik zu erschaffen oder aufgrund der vereinzelt transzendentalen und emotionalen Thematik auch ein Ventil für gewisse Umstände, über die du sprechen möchtest und die Musik als Sprachrohr verwendest?
Farvann:
Durbatuluk ist in erster Linie alles, was ich in ernsthafter Musik ausdrücken möchte und kann. Und vor allem ist es ganz weit weg von dem, was die Zuschauer auf YouTube bei "Farvann" sehen.
Dass es immer noch Leute gibt, die den Komiker "Farvann" auf YouTube und das Projekt "Durbatuluk" gleichsetzen, erzürnt mich machmal. Die Trennung zwischen den beiden fällt vielen scheinbar nicht leicht. Ich kann's verstehen. Aber es nervt. Intime Gefühle musikalisch zu verpacken und andererseits lustige Videos auf YouTube zu machen ist tatsächlich ein großes Dilemma.
Viator:
Das Album Irrecoverably Lost ist sehr rockig unterwegs und etwas zurückhaltender mit dem Tempo und verbreitet somit eine ganz eigene und weitaus ruhigere Atmosphäre. Mit dem neuen Album hast du dies allerdings (zumeist) abgelegt und auf gute finnische Art das Tempo straff angezogen. Warum finden wir bei diesen Alben einen von außen betrachtet starken Kontrast vor? Empfindest du dies auch so? 
Farvann:
"Irrecoverably Lost" enthält fast ausschließlich Songs aus der Anfangszeit von Durbatuluk. Außer dem ersten und dem letzten Song sind alle Lieder aus den Jahren 2012/2013.
Das sind also Lieder, die ich als Amateur geschrieben habe. Ich finde es immernoch beeindruckend und berührend, dass es Menschen gibt, die dieses Album sehr mögen.
"Erzähle, Baba Jaga" besteht - abgesehen von Song 3 - ausschließlich aus neuen Liedern. Als ich anfing, das neue Album zu schreiben, war mir klar, dass ein deutlich aggressiveres Tempo vorherrschen sollte. Mehr Melodie. Mehr Tiefe. Einfach erwachsener als das erste Album und vor allem ein Zeitzeuge und kein Re-Recording von alten Sachen.
Viator:
Die Hexe Baba Jaga ist eine sehr bekannte slawische Märchengestalt und soll laut Überlieferungen mit dem Teufel in Verbindung stehen. Welche Verbindung hast du zu diesem Wesen? Warum hat sie bei dir ein ganzes Album geprägt?
Farvann:
Das mag eine ernüchternde Antwort sein, aber ich hatte Baba Jaga nur als Symbol für Märchen bzw. Fantasie oder Vorstellungskraft gewählt. Im Grunde nur ein abstrakter Gedanke.
Der ursprüngliche Titel des Albums war "Der Waldschrat", aber als ich das Bild von der Künstlerin Mirusbella gesehen hatte, kam mir sofort der aktuelle Titel in den Kopf.
Viator:
Wir haben auf dem neuen Album einen Song, der komplett in russischem Text verfasst ist. Natürlich bietet es sich aufgrund der Herkunft von Baba Jaga an diese Sprache zu verwenden. Hat die Verwendung noch einen anderen Hintergrund? Ist sie eventuell auf slawische Vorfahren von dir zurückzuführen?
Farvann:
Slawische Vorfahren gibt es in meiner Familie meines Wissens nach nicht. Mein bester Kumpel in der Jugend war Russe und daher hatte ich viel Kontakt zu russischer Kultur und empfand sie immer als extrem freundlich und angenehm. Auch deren Sprache, Kultur, Folklore und Geschichten hatten immer einen Reiz für mich und ich glaube an eine tief verwurzelte Deutsch-Russische Freundschaft, ganz abgesehen von dem, was Russlands Präsident uns allen gerade antut. Es ist ein Gräuel.
Viator:
Wie hat sich deine Arbeit als Solokünstler über die Jahre mit dem Projekt verändert? Ist es mittlerweile einfacher mit den richtigen technischen Mitteln einen passenden Song mit gewünschtem Sound aufzustellen oder ist der Fortschritt in deinen Alben nur auf die Weiterentwicklung deiner musikalischen Fertigkeiten zurückzuführen?
Farvann:
Eigentlich kann man sagen, dass ich zusammen mit Durbatuluk gewachsen bin. Ich habe immer mit den Mitteln, die ich hatte, gearbeitet.
Anfangs war es der "MAGIX Ringtone Maker" hahahaha. Das scheiß Ding konnte nichtmal wav-Dateien erkennen.
Nach und nach setzt man sich automatisch mit den nötigen Sachen auseinander, bis man dann letztlich zum Amateur-Produzent wird.
Da ich nach wie vor meine Musik selber aufnehme und produziere, lernt man jedes Mal dazu. Ich finde das extrem inspirierend und auch wenn man das Rad nicht neu erfindet, so findet man doch immer wieder kleine Erfolge, die einen näher zu dem bringen, was man vor Augen/Ohren hat.
Viator:
Außerhalb deiner rein musikalischen Laufbahn, besitzt du auch noch einen YouTube Kanal, den du regelmäßig mit neuen Videos aktualisierst. Thematisch wird hier viel über Black Metal gesprochen. Diese passiert sehr unterhaltsam aber natürlich an vielen Stellen auch recht sachlich. Steht Unterhaltung und Black Metal über YouTube Videos in Konflikt miteinander oder ist dies genau die richtige Herangehensweise etwas auch mal nicht zu ernst zu nehmen? Sollte es noch weitere YouTuber mit dieser Ausrichtung geben?
Farvann:
Sehr interessante Frage! Ja. Warum nicht mehr davon?
Ich finde es für mich persönlich und den Farvann-Kanal wichtig, dass es niemals dazu kommt, sich über Black Metal lustig zu machen.
Was ich auf YouTube mache ist Stereotype zu persiflieren oder Karikaturen zu erstellen. Das wirkt vor allem für szene-fremde Menschen wie Arroganz oder reine Komik, soll es aber natürlich nicht sein.
Ich sage, der Black Metal Fan sollte Humor haben und über SICH lachen können, doch niemals die Musik verspotten.

Oder, um einen Schritt weiter zu gehen: Wenn ein pseudo-lustiger Typ auf YouTube dazu in der Lage ist, Black Metal nachhaltig zu schädigen, dann hat Black Metal es verdient, zu sterben.
Gut, dass das nicht der Fall ist.
Links zu Durbatuluk:
Instagram: https://www.instagram.com/farvann_bm/
YouTube:   https://youtube.com/@Farvann
Spotify/Apple Music/YouTube Music: https://hyperfollow.com/Durbatuluk  
Bandcamp:  https://durbatuluk.bandcamp.com/music
Metal Archives:  https://www.metal-archives.com/bands/Durbatuluk/3540433528
Durbatuluk – Erzähle, Baba Jaga (2022)
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Author: Viator
ehem. Autor bei Schwarze Flamme