Interview mit Teufelnacht (Februar 2023)

“Reine Satire”, “ein schlechter Scherz”, “genial”, “endlich mal frischer Wind”… Ich erinnere mich noch gut daran, wie die Meinungen zu “Teufelnacht”, vor allem seit dem Release von “Ausnahmeverbrechen”, auseinander gingen. Auch ich stand den 2 Herren von meinem hohen Ross aus in dieser Zeit etwas negativer gegenüber, als es gerechtfertigt ist. Woran liegt das? Ist dies wirklich berechtigt oder habe ich mich von meiner reinen Arroganz und Oberflächlichkeit blenden lassen und wie auch schon in der Schule “nicht richtig zugehört”. Zeit das ich mich wiedermal eines Besseren belehren lasse.

Viator:
Obwohl ich gern direkt in die verschiedenen Texte und Musikvideos einsteigen möchte, gebt uns doch einen kurzen Abriss, wie es zur Gründung von "Teufelnacht" kam, wann diese entstand und aus welchem Grund? Könnt ihr den Bandnamen "Teufelnacht" gleich entmystifizieren oder hat dieser eine tiefere Bedeutung?
Teufelnacht:
Hallo erstmal, äh wir saßen in einer Keipe und tranken König Pilsener. Der Kellner sprach jedoch den ganzen Abend vo Königs Pilsener. Ähnlich unangenehm, wie Menschen, die Darkthrone auseinander schreiben. Dark Throne sieht fast so schlimm aus, wie Teufelsnacht. Das passiert der „Szene“ immer wieder. Sie ist nichtmal in der Lage Bandnamen von Szenepionieren richtig ausschreiben, will aber darüber urteilen, was Black Metal darf und was nicht. Mit ein Grund, warum es überhaupt zur gründung kam. Interetfiguren behaupten, dass wir uns über die Black Metal Szene lustig machen wollen... Das tun die ganzen Die Hards mit ihrem Halbwissen doch schon selbst.
Viator:
Ihr werdet oft als eine Art Satire Band dargestellt, was laut eurem letzten Interview mit dem "Krachmanifest" nicht stimmen soll. Was glaubt ihr, warum ihr so wahrgenommen werdet? Welche Rolle nehmt ihr stattdessen ein? Warum wurden es keine klassischen okkulten oder naturverbunden Themen? Warum wolltet ihr den Vorschlaghammer auspacken und damit die treffen, deren Musik ihr zumindest musikalisch huldigt?
Teufelnacht:
Vorweg, auf unseren Veröffentlichungen gab es durchaus Okkulte Texte, die Oberflächlichkeit der Szene wird hier wieder bestätigt. Alle sind vom Musikvideo zu Black Metal ist tot geblendet. Ich habe das Tape dazu letztes Jahr ein paar Leuten auf dem Sinister Purpose in Leipzig in die Hand gedrückt. Die dachten das ganze Album würde so heißen. Die dachten, das wäre alles was wir machen. Black Metal Versatzstücke nehmen, zusammen rühren und lustige Keyboardspuren dazu packen... Das war ein Song von 10 auf einem Album, auf dem es vornehmlich um Dekadenz ging. Black Metal, Gary Glitter, Helmut Berger, Coversongs von koksenden 80s Discotypen... das war schon zu viel für die Szene. Das ist kein roter Faden, nein das muss eine Parodie sein. Anders geht’s ja gar nicht. Erneut, wir wollen uns nicht über Black Metal lustig machen! Der bedeutet uns mehr, als sich diesen ganzen Affen da draußen überhaupt vorstellen können. Die Beschränktheit der „Szene“ macht da einfach den Job für uns... Letztens wollte jemand mit uns ein Interview führen, dessen Nachnamen, wir mit einem berühmten Keks verglichen haben. Danach schrieb diese Person dem Labelchef von Crawling Chaos, welcher gerade das Album auf CD vertreibt und drohte mit Anwälten, wegen persönlicher Beleidigung... sowas soll man ernst nehmen?
Viator:
Ihr habt damals vor allem mit dem Song "Black Metal ist tot" ziemliche Furore ausgelöst und der ganzen Szene einen ziemlich kräftigen Tritt verpasst. Jegliches Klischee wird aufgegriffen und dem Zuhörer vor das Gesicht gehalten. Welcher Part am Black Metal ist denn gestorben? Welcher Teil lebt noch? Passt er nicht mehr in die 2020er Jahre? Fühlt ihr euch dennoch als Teil dieses Genres? Wenn nicht, was müsste sich eurer Meinung nach verändern, dass ihr euch dieser angehörig fühlen wollt?
Teufelnacht:
Ändern muss sich gar nichts, das ist ja alles ziemlich unterhaltsam so und wer sind wir, dass wir irgendwelche Forderungen stellen? Das wäre ja ziemlich anmaßend, haha. Die „Szene“ darf sich gerne aussuchen, ob wir dazugehören, oder nicht. Wenn ich Black Metal Promotion bei YouTube angucke, gehören wir auf jeden Fall nicht dazu. Wir haben keine aufgeblasene, pathetische Produktion und eindimensionale Textkonzepte. Offenbar brauchen das die paar hunderttausend Follower um sagen zu können, dass diese oder jene Band jetzt wirklich „sehr Black Metal“ ist. Wir sind Gott sei Dank (Wortspiel intendiert) mit anderen Bands aufgewachsen. Dafür sind wir dankbar. Mit jedem abgehypten, glattgebügelten Major-Label Black Metal Album schätzen wir Darkthrone umso mehr. Das eine bedingt quasi das andere. Der Underground wäre auch nur halb so spannend, wenn es Bands wie Kanonenfieber nicht gäbe. Insofern kann uns jeder verstehen wie er will.
Viator:
Im Musikvideo zur "Creation Through Destruction" werden verschiedene Tonträger von allgemein bekannten Klassikern des Black Metals zerstört. Danach auch "Menschenmühle" von "Kanonfieber" und sogar eure eigene "Ausnahmeverbrechen" Platte. Gibt es einen bestimmten Grund, dass genau diese Werke zusammenpassen? Warum speziell die "Kanonenfieber" und warum auch noch euer eigenes Release?
Teufelnacht:
Und warum noch die Mütiilation? Weil wir einige Bands aus dem Video mögen, andere wiederum nicht so. Das ist aber aus oben genannten Gründen, völlig egal. Wie gesagt, eine Band wie Mütiiltion wäre ohne die Aufgeblasenheit von Kanonenfieber nur halb so Interessant. Wir spielen mit Gegensätzen, mal ganz davon abgesehen, dass die Szene schon immer ein Problem mit Statussymbolen hatte. Dem wollten wir entgegenwirken. Altes aus dem Weg schaffen, um Platz für Neues zu machen, Creation through Destruction eben. Vielleicht sollte endlich mal jemand alle aufgesammelten Schädelstücke von Dead zu Staub zermahlen und in die Winde pusten, dafür hatten wir aber leider nicht die finanziellen Mittel.
Viator:
Weil wir gerade von "Kanonenfieber" sprechen: Ihr habt mit eurer Attitüde damals fast eine ähnliche aber kleinere Welle an Hass gegen euch ausgelöst, wie besagter Herr des Projekts. Woher kommt eurer Meinung nach dieser Hass? Glaubt ihr die Szene fühlt sich ertappt und ist gezwungen über sich selbst nachzudenken? Fehlt es ihr an Selbstreflexion, Bodenhaftung und Humor? 
Teufelnacht:
Ich glaube, das haben wir oben schon teilweise besprochen, aber ehrlich gesagt waren die negativ intendierten Reaktionen auf das Video viel geringer als erwartet. Wenn man sich die Kommentarleiste anguckt, scheint es ja dem größten Teil der Zuschauer irgendwie aus der Seele gesprochen zu haben. Die „bösen“ Kommentare waren dazu meist noch irgendwie unbeholfen und nicht weiter beachtenswert. Schade eigentlich, da wäre mehr drin gewesen. Eine Selbstreflexion  oder gar ein Umdenken wird unser Video nicht auslösen.
Viator:
Ebenfalls wird in diesem Video ein Shirt von Varg Vikernes angezündet und darauf uriniert. Warum bezieht ihr euch so oft auf "Burzum"? Stört euch die musikalische Seite oder der Personenkult um besagten Herren? Welche oft erwähnten "Helden" gehen euch gehörig gegen den Strich? Wie sollte man zukünftig eurer Meinung nach mit diesen umgehen?
Teufelnacht:
Wenn man in den Neunzigern Black Metal gehört hat, hatte das Schaffen von Kristian V. nunmal großen Einfluss. Auch auf unsere Musik. Da kommen vermutlich auch diese ganzen depressive/suicidal Black Metal Unterstellungen in den Reviews zu Ausnahmeverberbrechen her. Das haben die Reviewmenschen wohl verwechselt, aber sei's drum. Offensichtlich bedienen wir uns seiner Pionierarbeit und pissen auf den Typen. Nicht mehr, nicht weniger.
Viator:
Ihr habt ebenfalls ein neues Musikvideo veröffentlicht und nehmt auch hier wieder kein Blatt vor den Mund. Folglicherweise sind neue Songs in Arbeit. Wird es ein neues Album geben? Auf was müssen wir uns textlich und musikalisch gefasst machen?
Teufelnacht:
Im Grunde wurden die Einflüsse, die auf Ausnahmeverbrechen zugegen waren, noch weiter verfeinert. Wer uns da also schon nicht mochte, kann weiterhin wegbleiben. Unberechenbare Bands, die von Album zu Album Stilwechsel in einer authentischen Art und Weise vollziehen konnten, standen auch hier wieder Pate. Aber auch Filme aus dem Exploitation Bereich. Auf Ausnahmeverbrechen haben wir damit begonnen, den Schwarz Metall auf seine wesentlichen Reize zu reduzieren und zu unserer Unterhaltung auszuschlachten. Ganz im Sinne von Regisseuren wie Jess Franco oder Jean Rollin. Diese Herangehensweise konnten wir noch kompromissloser umsetzen. Macht euch besser nicht gefasst, hört die neueste Album Premiere auf Black Metal Promotion. Danke, viel Erfolg, alles Gute.
Links zu Teufelnacht:
Facebook: https://www.facebook.com/teufelnacht
Instagram: https://www.instagram.com/teufelnacht_offiziell/
Bandcamp: https://teufelnacht.bandcamp.com/
Spotify: https://open.spotify.com/artist/6rTjS8ROCM2szLpsGyFEMl
Deezer: https://www.deezer.com/us/artist/133795752?autoplay=true
YouTube: https://www.youtube.com/channel/UCfctzeMBs6RK5YpJ-9OevHw
Metal Archives: https://www.metal-archives.com/bands/Teufelnacht/3540455139
Teufelnacht – Bahnhofskino Schwarzmetall (2022)
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Author: Viator
ehem. Autor bei Schwarze Flamme