Es ist immer wieder schön, den Menschen hinter einem Underground Label dabei zu zu hören, mit welcher Leidenschaft , Energie und Professionalität sie Ihre Vertriebe organisieren. Heute haben wir einmal mit Francesco Sarjento von Funeral Industries gesprochen.


Viator:
Könnt ihr uns ein bisschen in die Vergangenheit und Gründungszeit des Labels zurück führen?
Wann ist Funeral Industries entstanden und warum war es euch wichtig, euer eigenes Label zu haben?
Funeral Industries:
Die Gründung von FI ist ist inzwischen 13 Jahre her.
Mario (aka Francesco Sarjento) und ich hatten damals regelmäßig gemeinsam Metal-Konzerte veranstaltet und wie auch immer wir drauf gekommen sein mögen, es störte uns, dass einige Metal- Klassiker entweder noch gar nicht auf Vinyl existierten oder nicht mehr zu erschwinglichen Preisen zu
haben waren.
Und weil ich unbedingt „The Last Supper“ von Belphegor auf Vinyl im Schrank stehen bzw. natürlich auf dem Plattenteller liegen haben wollte, beschäftigten wir uns intensiver mit der Idee, selbst Schallplatten zu veröffentlichen, um die eine oder andere Lücke zu schließen.
Damals war Vinyl ja noch lange nicht wieder so sehr gefragt, wie es heute der Fall ist. Also kontaktierten wir die eine oder andere Band bzw. das eine oder andere Label um die entsprechenden Lizenzen anzufragen.
Tatsächlich hatten wir in vielen Fällen auch Erfolg damit und so konnten wir neben meinen unbedingten Favoriten „The Last Supper“ (in 2010) und „Blutsabbath“ (in 2011) von Belphegor und „Nord“ von Setherial (in 2010) auch zügig einige weitere Lizenzen eintüten und Produktionen veröffentlichen: Unter unseren ersten Vinyl-VÖs waren u.a. Belial („Wisdom Of Darkness“),
Necromass („Mysteria Mystica Zothyriana“), Sinister („Hate“), Acheron („Rites Of The Black Mass“ und „Lex Talionis“) und Nastrond („Toteslaut“) - für meinen Geschmack alles Klassiker. Da sowohl die Endkunden wie auch zahlreiche über den gesamten Globus verstreute Labels und Mailorder Interesse an unseren Produktionen zeigten, waren wir in der Lage, die meisten der frühen
Auflagen recht rasch abzusetzen, die eingenommenen Kohlen wieder in Vinyl (und CDs) zu investieren und somit das Label ins Laufen zu bekommen.
Nach diesem Schema gehen die Dinge bei uns auch heute noch vor sich, nur eben inzwischen in einem etwas umfangreicheren Rahmen bzw. einer ganz anderen Größenordnung.
Viator:
Alles ist durch verschiedenste Krisen immer teurer geworden und das Sammeln von Vinyl und Co. ist umso mehr absoluter Luxus heutzutage. Bemerkt ihr einen starken Rückgang an Bestellungen oder halten euch die Kunden die Treue?
Funeral Industries:
In der Tat waren wir in diesem Punkt zeitweise auch ziemlich besorgt, bis sich über die vergangenen Monate hinweg aber zeigte, dass wir sehr solide durch diese Krisen zu schippern scheinen.
Ein Rückgang der Bestellungen ist bislang nicht festzustellen, jedoch fällt uns auf, dass sich die Käuferschaft auch wieder vermehrt der CD bzw. dem Tape zuwendet. Es fällt eben leichter, einen Zehner für eine CD auszugeben, als einen Zwanziger für eine LP. Glücklicherweise ist unsere Kundschaft über alle Kontinente verteilt und ein Großteil sitzt in Gegenden, in denen die gegenwärtigen Krisen sich aktuell nicht so dramatisch auf den einzelnen
Geldbeutel auszuwirken scheinen, wie es anderorts der Fall ist.
Gerade die Verkäufe nach z.B. USA, Kanada, Japan oder Australien haben im letzten halben Jahr sogar merklich zugenommen.
An sich können wir uns aber tatsächlich auch auf viele treue Stammkunden verlassen, die mitunter seit unseren Anfangstagen bei uns bestellen.
Wenn ich also durch die Verkaufslisten von 2010 oder 2011 schaue, die ich noch alle griffbereit habe, dann entdecke ich unter den damals noch wenigen Kunden auch einige, die noch heute bei uns bestellen.
Das freut uns natürlich sehr, gibt uns Bestätigung und bestärkt uns darin, so weiterzumachen wie bisher.
Wann immer sich nämlich eine Kunde dazu entscheidet, seinen Zehner oder Zwanziger bei uns auszugeben, schenkt er uns nicht nur sein Vertrauen, sondern unterstützt direkt unsere Arbeit und unser Label – und dafür können wir nur dankbar sein.
Viator:
Gern möchten wir etwas näher auf eure Preise eingehen. Hier geht ihr mit großem Beispiel voran und haltet diese weiterhin sehr niedrig. Wie ist das für euch möglich? Wie erklärt ihr euch die Vinylpreise bei anderen Händlern, die immer öfter erst bei 22 € anfangen?
Funeral Industries:
Naja, das lässt sich so pauschal nicht bewerten bzw. über einen Kamm scheren.
Sicherlich gibt es Händler und auch private Verkäufer, die versuchen, das Maximum aus dem aktuellen Vinyl-Boom herauszuquetschen und sich die Taschen vollzumachen. Das lässt sich nicht vermeiden.
Überwiegend richtet sich die Preisgestaltung aber nach dem Kostenaufkommen der jeweiligen Händler, zumindest dann, wenn sie einigermaßen kaufmännisch denken und handeln. Bei uns ist es so, dass wir ein relativ geringes Kostenaufkommen haben. Anstatt die Gewinne aus dem Unternehmen zu ziehen und das Geld zu verprassen, haben wir über die Jahre immer wieder Investitionen vornehmen können (z.B. in Lagerräume, Energieversorgung, etc.), die es uns jetzt ermöglichen, die Fixkosten möglichst gering zu halten.
Wir müssen keine Angestellten bezahlen, sondern machen (fast) alles selbst.
Und wir müssen nicht leben von der Labelarbeit, denn es ist und bleibt ein Hobby. All diese (und noch viele andere) Aspekte führen dazu, dass wir die Preise möglichst niedrig halten können, während andere Händler eben den einen oder anderen Euro mehr verlangen müssen. Man muss ja stets bedenken, dass von 20 EUR Bruttoumsatz nach Abzug aller eventuell anfallenden
Steuern, Gebühren und sonstigen Abzüge je nach Verkaufskanal vielleicht noch 12-13 EUR netto überhaupt in unserer Kasse landen, mit denen dann der Wareneinkauf bzw. die Produktion und sämtliche Kosten (GEMA, Lizenzen, Logistik, Werbung und Gratis-Giveaways, BGA, Recycling,
Rechtsberatung, Mitgliedschaften, Versicherungen, Steuerberater, etc.) gedeckt werden müssen. Wirklich reich werden wir mit unserer Preisgestaltung also nicht – das ist aber auch nicht unser Ziel. Vielmehr motiviert uns noch immer die Lust daran, Platten zu veröffentlichen, die unserer Meinung
nach (wieder)veröffentlicht gehören – und die Resonanz der Kundschaft gibt uns recht, also machen wir einfach immer weiter!


Viator:
Ich bin verstärkt auf Funeral Industries aufmerksam geworden, da ihr die Mortiis Alben noch einmal neu herausgebracht habt. Wie sahen hier die Arbeitsprozesse aus? Wer ist hier auf wen zugegangen und welche Schritte wurden dann getätigt bis zum Hochladen der Produkte in den Shop?
Funeral Industries:
Das Album „Fodt Til A Herske“ von Mortiis habe ich mir seinerzeit direkt nach Erscheinen auf CD zugelegt. Später dann auch „Anden Som Gjorde Oppror“.
Die Scheiben habe ich damals rauf und runter gehört, bis sie einige Jahre in Vergessenheit geraten sind.
Als wir dann aber mit Funeral Industries unterwegs waren und mir die CDs wieder in die Hände gefallen sind, wollte ich versuchen, die frühen Mortiis-Aufnahmen auf Vinyl wiederzuveröffentlichen. Also haben wir Kontakt zu Mortiis aufgenommen und konnten ihn dafür begeistern, nahezu alle seine
Aufnahmen aus den 90er Jahren nochmals auf Vinyl und CD zu veröffentlichen.
(Neben den Mortiis-Aufnahmen haben wir auch seine Nebenprojekte Vond, Cintecele Diavolui und Fata Morgana neu aufgelegt.)
Nach der Kontaktaufnahme ging dann auch alles recht reibungslos und schnell.
Mortiis versorgte uns mit dem Audio-Material und beauftragte den Künstler David Thiérrée damit, neue Artworks zu erstellen, um den alten Aufnahmen einen differenten aber wiedererkennbaren Anstrich zu verpassen.
Das Soundmaterial haben wir nach Großbritannien zum re-mastern gegeben, währenddessen haben wir die Layouts vorbereitet – und das war’s.
Ab ins Presswerk mit den Aufträgen, abwarten, die fertigen Produktionen in Empfang nehmen und in den Shop stellen – fertig.
Mit Mortiis arbeiten wir seit inzwischen über fünf Jahren zusammen und haben auch sämtliche Lager- und Versandlogistik für sein Label Omnipresence übernommen. Auch eine dauerhafte und gute Zusammenarbeit, mit der wir sehr zufrieden sind.
Viator:
Bekanntermaßen gibt es ja nicht mehr viel Presswerke, die das Schwarze Gold herstellen. Wo lasst ihr die Tonträger pressen und wie lange sind mittlerweile die Wartezeiten? Was könnte eurer Meinung nach ein Lösungsansatz sein, dass diese Wartezeiten verkürzt werden? Wurde schon einmal überlegt, sich auf CD oder Tape zu spezialisieren?
Funeral Industries:
Wir arbeiten seit jeher mit vier Presswerken in Deutschland, Polen und Tschechien zusammen. Die Qualität stimmt bei allen vieren, daher verteilen wir die Aufträge je nach Kapazität der Presswerke. Die Wartezeiten liegen bei Vinyl-Produktionen für kleine Labels (wie wir es sind) aktuell bei sechs bis
elf Monaten. Neukunden werden von den Presswerken teilweise schon nicht mehr angenommen. Große Labels haben ggf. auch Rahmenverträge mit den Presswerken, die ihnen kürzere Wartezeiten garantieren, was für die großen Labels natürlich von Vorteil ist. Die Wartezeiten können nur verkürzt werden, wenn entweder weitere Presswerke mit weiteren Maschinen in den Markt einsteigen, oder wenn an sich weniger Vinyl produziert wird. Mittlerweile hat der Vinyl-Boom ja dazu geführt, dass auch viel Schrott, den man früher nicht einmal
auf CD gepresst hätte, auf Schallplatte gepresst und am Ende auch noch zu Höchstpreisen angeboten wird. Außerdem werden immer öfter Alben, die von der Spieldauer her problemlos als einfache LP zu veröffenlichen wären, sinnloserweise als Doppel-LP herausgebracht – auch das blockiert in
erheblichem Maße Presswerkkapazitäten. Wir halten uns bewusst damit zurück, neue Bands quasi am Fließband zu veröffentlichen, da unser
Primärziel wie gesagt darin besteht, zunächst die alten Klassiker wieder aufleben zu lassen. Ich kann schon nachvollziehen, dass die vielen wie Pilze aus dem Boden schießenden Bands und Alben den Reiz des Neuen bieten, bin aber dennoch nachwievor der Meinung, daß es sich mehr rentiert, zunächst die unzähligen Aufnahmen aus den 80er und 90er Jahren zu entdecken und in die
Sammlung zu holen, anstatt sich (im worst case) auf völlig überschätzte Newcomer einzulassen und sein Geld für deren Gedröhne aus dem Fenster zu werfen. CDs und Tapes veröffentlichen wir ja bereits hin und wieder, jedoch sind wir persönlich zu große Schallplatten-Fans, als daß wir die Finger von Vinyl-Produktionen lassen könnten.
Viator:
Wie können Bands mit euch in Kontakt treten um selbst ihre Werke veröffentlichen zu lassen? Was müssen diese mitbringen, damit ihr sie bei diesem vorhaben unterstützt? Sind bei euch auch sehr kleine Projekte gern gesehen?
Funeral Industries:
Aktuell ist es so, dass wir bis 2024 keinerlei Kapazitäten mehr für spontane Veröffentlichungen haben. Wann immer uns aber eine ambitionierte Band kontaktiert, die wir gerne unterstützen möchten, versuchen wir, sie an eines unserer befreundeten Labels weiterzuvermitteln bzw. nehmen deren
Eigenproduktionen in unser Programm auf. Generell sehen wir Initiative in jeder Form zunächst einmal sehr gerne, denn so bleibt die Szene auch
abseits des Mainstream aktiv und am Leben. Im Optimalfall trägt eine solche Initiative dann auch Früchte (ganz gleicher welcher Art) und endet
nicht als bloße Materialverschwendung. Wir selbst bewegen uns mit unseren Produktionen ja weit weg von der breiten Öffentlichkeit, deshalb unterstützen wir als kleines und unabhängiges Label wie in Eurem Fall auch aus voller
Überzeugung z.B. kleine und unabhängige Fanzines, denn in „unseren Kreisen“ sind Netzwerke noch etwas authentisches und fruchtbares.
Viator:
Ich habe gesehen, dass bei euch im Leben Sport/Kraftsport sehr wichtig ist. Warum ist das für euch ein bedeutender Lebensinhalt?
Funeral Industries:
Death Metal und Black Metal ist eine archaische Musikform. Dazu passt das brutale Krafttraining, das wir immer wieder anbieten: Jeden Sonntag gibt es ein salziges Bodyweight-Workout, das wir uns vom Militär abgeschaut haben.
An besonderen Tagen rufen wir zu einem brachialen Barbaren-Marsch auf bei dem wir im Sinne einer Seilschaft einen Stein tragen, entsprechend der Teilnehmerzahl bis zu 1000 Klimmzüge (gemeinsam) machen und uns im Anschluss einen ordentlichen Humpen Bier gönnen. Es geht uns gut, und wenn das so ist, ist der Punkt erreicht, wo es darum geht etwas zurück zu geben.
Und da bietet es sich an, etwas Schöpferisches durchzuziehen: Den Körper stählen! Klare Anweisung also an jeden Barbaren: Melde dich am besten direkt bei mir per WhatsApp (015255314441) und komm in die Gruppe der Berserker.
Viator:
Könnt ihr kurz ein paar Worte zu dem Sublabel Stone Stallion Rex verlieren? Warum war es wichtig ein Unterlabel aufzumachen?
Funeral Industries:
Was auf Stone Stallion Rex rauskommt passt nicht auf Funeral Industries. Stoner Rock, Doom und okkult-psychedlische Musik wird zwar auch von vielen Death/Black/War-Metal-Rockern gehört, aber wir wollen da eine klare Trennung.
Da ich selbst als Gitarrist in der Doom-Szene unterwegs bin, ist es mir eine Herzensangelegenheit Perlen aus dem Musik-Bereich zu finden, zu bergen und in die Öffentlichkeit zu tragen. Dieser ganz besondere Vibe, den einige Bands aus dem Genre verbreiten verlangt nach einem eigenen Banner; das ist Stone Stallion Rex!
Viator:
Was werden die nächsten hauseigenen Veröffentlichungen sein? Welche Projekte und Ziele sind für die Wintersaison geplant?
Funeral Industries:
In der Tat stehen bei uns einige Projekte an, auf die ich mich sehr freue, da wir damit wieder einige meiner größten Favoriten unter dem Banner von Funeral Industries anbieten können.
Diese wären (in ungefährer Reihenfolge):
Infester - To The Depths.. In Degradation (LP)
Troll - Drep De Kristne (LP)
Troll - Trollstorm Over Nidingjuv (LP)
Unleashed - Where No Life Dwells (LP)
Unleashed - Shadows In The Deep (LP)
Unleashed - Across The Open Sea (LP)
Dawn - The Eternal Forest (LP)
Naglfar - Pariah (LP)
Deströyer 666 - Violence Is The Prince Of This World (LP)
Hades - Again Shall Be (LP)
Hades - The Dawn Of The Dying Sun (LP)
Acheron - Rites Of The Black Mass (LP)
Acheron - Lex Talionis (LP)
Da sind ein paar Titel dabei (Unleashed, Acheron, Naglfar), die wir bereits in ähnlicher Form vor einigen Jahren schonmal wiederaufgelegt hatten, die aber längst vergriffen sind. Aufgrund der andauernden Nachfrage (und weil wir extrem Bock drauf haben) haben wir uns dazu entschieden, nochmal nachzulegen und die Aufnahmen jeweils einer weiteren Auflage zuzuführen. Einige VÖs sollten innerhalb der kommenden Wochen bereits auf Lager sein, andere werden sich wohl noch bis ins kommende Frühjahr hinein ziehen.
Es wird uns also nicht langweilig werden!
Links zu Funeral Industries:
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Homepage: https://funeral-industries.com/
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Discogs: https://www.discogs.com/de/label/219652-Funeral-Industries