Review: Szary Wilk – Wrath (2021)

Wenn man regelmäßig Neuvorstellungen auf dem Kanal von Black Metal Promotion (BMP) bei YouTube durchhört, dann wird man immer wieder mit Fundstücken exzellenter Musik belohnt. Zu diesen Fundstücken gehört auch die polnische Band „Szary Wilk”, die sich bereits 2018 formierte und im Jahr 2021 ihr Debütalbum mit dem Titel “Wrath” in voller Länge bei BMP vorstellte.

“Szary Wilk“ ist polnisch und bedeutet „Grauer Wolf“. Was nach einem szenetypischen Namen klingt hat in Polen eine größere Bedeutung. Denn „Szary Wilk“ steht dort für einen Triumph: der Name ist die später vergebene Bezeichnung für einen Schützenpanzerwagen der Wehrmacht, der während des Warschauer Aufstandes im Jahr 1944 durch die polnische Heimatarmee trotz massiver eigener Unterlegenheit erbeutet werden konnte und von ihr bei nachfolgenden Kampfhandlungen eingesetzt wurde.

Bandlogo
Logo der Band “Szary Wilk”

Im Krieg werden militärische Erfolge mit viel Leid erkauft

Genau genommen handelt es sich bei dem Namen um den Kampfnamen eines der späteren polnischen Kommandanten des Fahrzeugs. „Szary Wilk“ steht also für einen (vorübergehenden) Triumph in der polnischen Militärgeschichte, wobei man sich stets vor Augen führen muss, dass in Zeiten des Krieges jeder vermeintliche Erfolg mit viel Leid erkauft wird.

Album ist offenbar Sinnbild für Leid und Triumph – ohne Gewinner

Mit einer Mischung aus Triumph und Leid kommt auch das erste Album der Band in voller Länge mit dem Titel „Wrath“ daher. Das Album erschien beim polnischen Nischen-Label “Putrid Cult” und es wurden durch das Trio 5 Tracks mit rund 32 Minuten Spielzeit eingespielt. Das Cover zeigt triumphierende graue Wölfe und leidende Menschen.

Der Gesang kommt meist wütend, manchmal verzweifelt daher

Die Musik ist stark und bietet Black Metal der klassichen Tonart nach skandinavischem Vorbild. Das Album hat viel von dem, mit dem Fans altbewährten und schnörkellosen Black Metals viel richtig und eigentlich nichts falsch machen können: die Gitarrenarbeit ist repetitiv aber exzellent und mit viel Tremolo Picking werden immer wieder tragende Klangkulissen erzeugt und starke Melodien kreiert. Guttural ist der Gesang, der meist wütend, manchmal auch verzweifelt klingt und immer mal wieder diffus in den Hintergrund tritt. Auch die Drums stehen nicht im Vordergrund, treiben die Musik aber konsequent nach vorne, was besonders bei dem stärksten Stück des Albums „Behind the Curtain of Death“ hervorragend gelingt.

Klassischer Black Metal ohne progressive Elemente oder andere Experimente

Für ein Album aus 2021 kann die Produktion durchaus als roh bezeichnet werden, was der Musik aber nicht ihre klare Präsenz nimmt. Heraus kommt eine perfekte Kombination für alle, die typisches Black Metal-Handwerk auf einem guten Niveau mögen und dabei auf progressive Elemente oder andere Experimente weitgehend verzichten können.

“Behind the Curtain of Death” ist das stärkste Stück des Albums

Zu erwähnen ist das großartige „Behind the Curtain of Death“, das den zweiten Track des Albums bildet und vor allem durch starke Riffs und eine tolle Dynamik überzeugt. Das Stück steigert sich immer weiter und entlädt sich schließlich in einer triumphalen Kulisse perfekter Gitarrenarbeit.

Der Titelsong “Wrath” (Zorn) wird erst am Ende des Albums gespielt. Er sticht nicht besonders hervor, hat aber ein auffälliges Ende: er endet düster, verzweifelt und melancholisch und scheint damit das oben beschriebene Bild des Krieges ohne anhaltenden Triumph und ohne echte Gewinner musikalisch konsequent abzuschließen.

Bandmerch.

Texte veröffentlicht die Band nicht. Aber die teilweise in englischer, mal in lateinischer oder auch in polnischer Sprache gewählten Titel der fünf Songs sagen klar, wo es thematisch langgeht: die Titel handeln von (grauen) Wölfen, Zorn und Tod. Ob die Band also mit ihrer Musik wirklich das ganze Drama des Krieges im Blick hatte, wird nicht abschließend klar. Die Songtitel jedenfalls passend genau zu der oben in Bezug genommenen Szene aus dem Jahr 1944, in der jeder scheinbare Triumph zugleich immer auch erhebliches Leid bedeutete. Man mag ergänzen: mögen Staaten, Diktatoren oder Militärs Kriege gewinnen oder verlieren – die Menschen wollen den Krieg nicht, weil sie immer die Verlierer sind.

Das Album ist ein starkes Debüt und gehört sicher zu denjenigen, die aus der Masse der Neuveröffentlichungen im Black Metal herausragen. Mag die Musik für machen zu simpel und zu einfallslos klingen, so werden andere das Album genau deshalb abfeiern. Wer “Szary Wilk” also bisher übersehen hat: unbedingt einmal bei BMP durchhören.

Bewertung 8/10.

Informationen zu neuem Material oder Live-Events waren von der Band nicht zu erhalten.

Aktuelle Besetzung des Trios

Aktuelle Besetzung (lt. Encyclopaedia Metallum)
Reaper – Drums
Piastyr – Guitars, Bass
Czuły – Vocals

Bandfoto
Hier das wohl einzige im Netz auffindbare Bandfoto.

Tracklist

Tracklist
1Mortal08:27
2Behind the Curtain of Death05:45
3Mortuos Voco05:28
4Wilczy Taniec05:42
5Wrath07:27
32:49

Support

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Author: Skog
Autor bei Schwarze Flamme